Natürlich ist Schreiben Selbstzweck und wenn die Phantasie ihre schillernden, hellen und dunklen Schwingen ausbreitet und mich in Gefilde entführt, die ich weder planen noch absehen konnte, gehört das zu den beglückendsten Momenten, die ich erleben durfte. Doch natürlich möchte man als Selfpublisher, der sein Werk als E-Book und Taschenbuch auf den entsprechenden Bucherwerbungsplattformen eingestellt hat, auch wahrgenommen, sprich gelesen werden. Wenn man als Autor von jeher in den SocialMedia aktiv ist und einem Heerscharen von Anhängern followen, ist es leicht, die Trommel zu rühren, um diese Aufmerksamkeit – wie es so schön neudeutsch heißt – zu generieren. Meinereiner ist nicht in den SocialMedia aktiv und der Launch dieser Website ist der erste zaghafte Versuch, meine digitalen Fühler in den Cyberspace auszustrecken. Dass ich meinen digitalen Claim gerade zum jetzigen Zeitpunkt im unendlichen Meer der Daten abstecke ist kein Zufall.
Der klassische Weg, ein Buch zu veröffentlichen, ist nach wie vor der Verlag. Und als Buchhändler und Fachbuchlektor Büchermensch durch und durch (der leider keine Kontakte in die Belletristik hat), ist der Verlag für mich auch der Königsweg, mein Buch in die Welt zu bringen.
Doch Verlage sind knallharte Wirtschaftsunternehmen, deren Deckungsbeitragsrechnungen (der Deckungsbeitrag ist das, was nach Abzug aller Kosten einer Buchveröffentlichung an Gewinn übrigbleibt) wenig Spielraum für Wagnisse lässt. Verlage sind hier auf der sicheren Seite, wenn sie Lizenzen von Büchern erwerben, die etwa im englischsprachigen Raum schon gut gelaufen sind. Auch können Autoren, die sich schon einen Namen gemacht haben, damit rechnen, weitere Bücher zu veröffentlichen. Auf der sicheren Seite sind Verlage auch, wenn sie ihre Novitäten auf die gut eingefahrenen und bekannten Gleise gängiger Genres setzen und so die Erwartungshaltungen fest definierter Zielgruppen bedienen. (Ich bevorzuge hier eher den Begriff der Anspruchsgruppe; welcher Leser lässt schon gerne auf sich zielen?) Je weniger erklärungsbedürftig ein Buch also ist, desto einfacher und wirkungsvoller lässt es sich auch in der Breite vermarkten. So weiß jeder, was er von einer Dystopie erwarten kann, die mit der Dystopie XY eines schon bekannten Autoren vergleichbar ist. Hohe Deckungsbeiträge versprechen Bücher in mittleren Auflagen, die so die gewünschte Breitenwirkung erzielen. Als Crossover zwischen Dystopie, Fantasy und Romantasy hat es ein Buch wie „Dismatched“ von einem unbekannten, deutschsprachigen Autor da natürlich schwer.
Große Publikumsverlage werden täglich mit bis zu 20 so genannten Unverlangtmanuskripten überflutet, mit denen unbekannte Autoren ihre Werke zur Veröffentlichung anbieten. Das alles, in der Hoffnung, hier doch noch einmal einen zukünftigen Bestseller zu entdecken, zu sichten und zu bewerten, bindet Ressourcen. Letztlich wird nur weniger als ein Prozent dieser Manuskripte veröffentlicht. Vor diesem Hintergrund ist es also fast aussichtslos, für „Dismatched“ einen Verlagsvertrag zu bekommen.
Doch ist mir mein Buch natürlich eine Herzensangelegenheit und ich habe mir gedacht, wenn es mir gelänge, die Jury eines renommierten Buchpreises von den Qualitäten von „Dismatched“ zu überzeugen, würde mir das vielleicht auch die Bahn zu einer Verlagsveröffentlichung ebnen. In diesem Sinne habe ich dann Anfang des Jahres ein Printexemplar an die Phantastische Bibliothek in Wetzlar geschickt, das aber mit der Zeit völlig aus dem Blick verloren.
Der dann völlig unerwartete Anruf Ende April, dass „Dismatched“ es auf die Longlist für den Phantastikpreis der Stadt Wetzlar 2020 geschafft habe, war für mich ein wenig so, als wäre eine gewisse, ebenfalls für frohe Kunde via unerwartete Anrufe bekannte Akademie von Stockholm nach Wetzlar übergesiedelt …
Daraufhin habe ich eine große Kiste mit weiteren Leseexemplaren für die Jury auf den Weg gebracht und harre jetzt der Dinge, die da kommen …